Schnee, Yippie! Rein in die Schneeschuhe!

Was ist schlimmer, als kein Internet zu haben? Kein Internet zu haben, wenn man mehrere Wochen lang eingeschneit ist! Aber wie immer, hat jedes Problem auch seine guten Seiten: Wenn man den richtigen Umgang mit der Lage gefunden hat, kann danach alles besser sein als vorher – so auch bei meinem Internet-Problem (Beitrag folgt in den nächsten Stunden) und vor allem mit dem Schnee!

Schnee ist wie Lakritz, nur in weiß: Entweder man liebt ihn oder man hasst ihn. In den höher gelegenen Regionen am Lago Maggiore ist das noch deutlicher als im zivilisierten Tiefland. Denn hier sind die Auswirkungen, die der Schnee mit sich bringt, wirklich extrem.

Eingeschneit

Der See liegt im Nebel, unsere Hütte im Schnee
Der See liegt im Nebel, unsere Hütte im Schnee

Zum einen haben wir dann oft über Wochen keine Chance, unsere Hütte mit dem Auto zu erreichen. Statt dessen stapfen wir mehrere Kilometer durch tiefen Schnee. Steil nach oben mit allen Einkäufen und sonstigem Gepäck. Wenn die Wasserleitungen eingefroren sind, müssen wir selbst das Wasser für die Klospülung in Kanistern auf der Kraxe zum Haus tragen. Nix mit Winterschlaf …

Auf der anderen Seite erleben wir in dieser Zeit eine Atmosphäre, die einzigartig ist in ihrer Ruhe, Beschaulichkeit und Schönheit. Als wenn wir die einzigen Menschen wären, die wach sind während alles um uns herum Winterschlaf hält. Kein Mensch, kein Auto, selbst das Brummen der Flugzeuge wird komplett vom Schnee geschluckt. Das Tal schläft im Nebel, während wir mit Schneeschuhen der Sonne entgegen gehen.

Und so kann der Winter den Sommer sogar noch toppen!

Im tiefen Schnee wird alles irgendwie besinnlicher, langsamer, bewusster. Die Selbstverständlichkeit des üblichen Komforts weicht einer Demut gegenüber der Natur, die alles in ihren Bann ziehen kann. Das fängt schon beim täglichen Leben an, das so beschaulich verläuft, dass man die Tage fast wie in Trance verbringt. Und es zeigt sich selbst beim Gehen. Denn im Schnee ist jeder Schritt ein kleiner Kraftakt, viel bewusster, anstrengender, fordernder. Touren, die wir im Sommer in zwei Stunden machen, fordern uns jetzt einen ganzen Tag ab.

Doch sie belohnen uns mit der Freiheit, eigene Wege gehen zu können, die im Sommer durch den dichten Bodenbewuchs versperrt sind. Denn auf dem Schnee kümmern uns keine Alpenrosenfelder oder schroffes Gelände. Wir stapfen einfach drüber weg.

Ich wundere mich jedes Jahr aufs neue, dass wir die einzigen sind, die hier im Winter Lust auf Berge, Sonne und Schnee haben. Denn Tourismus gibt’s hier auch im Winter. Die Restaurants sind gefüllt mit Deutschen, die alle über den Matsch und Nebel am See jammern. Dabei müssten Sie sich nur ein paar Schneeschuhe kaufen, um diese sonnige, wilde, wunderschöne Schneelandschaft zu erleben.

Mein Winter-Geheimtipp für Schneeschuh-Wanderungen und Skitouren

Natürlich passen nicht alle Schneeschuhe in dieses Gelände – dazu unten mehr. Aber gute Schneeschuhe sind oft günstiger als durchschnittliche Wanderschuhe und bereichern das Wanderleben außerordentlich. Es ist ganz einfach: Mit festen Wanderschuhen in die Schneeschuhe, Winterjacke, Mütze, Handschuhe und Ski- oder Walkingstöcke und schon kann’s los gehen.

Folgende Touren eignen sich für Schneeschuhwanderungen oder Skitouren:

  • TOUR 1: MONTE SPALAVERA
    Super für Schneeschuhe und Ski. Dabei könnt ihr zwischen der flachen Südseite (besser für Skifahrer) und dem steileren Nordost-Grat wählen. Der Abstieg mit Schneeschuhen sollte immer auf der flachen Südflanke erfolgen, dann mit Schneeschuhen steil bergab ist kein Spaß.
  • TOUR 2: MONTE CARZA
    Diese Tour ist auch für Einsteiger gut geeignet – und zwar in allen beschriebenen Varianten. Skifahrer sollten für die Abfahrt die Südostseite der Cima Ologno wählen. Hier habt ihr den schönsten freien Schneehang.
  • TOUR 3: CIMA DI MORISSOLO UND MONTE MORISSOLINO
    Die Cima die Morissolo ist für Ski und Schneeschuhe kaum geeignet, der Monte Morissolino dafür umso mehr. Ab einer Schneehöhe von einem Meter seit ihr hier komplett frei und kaum an Wege gebunden.

Alle anderen Touren sind für Schneeschuhe oder Ski weniger geeignet. Entweder zu weit, zu schwierig, zu gefährlich oder zu tief gelegen und damit meist zu aper.

Damit’s keine Rutschpartie wird: Die richtigen Schneeschuhe

Wir befinden uns hier in alpinem Gelände und das ist natürlich auch bei der Ausrüstung zu beachten. Wer geht schon mit Sandalen zum Klettern? Und das gilt auch für die Wahl der richtigen Schneeschuhe. Denn da gibt es zwei wesentliche Typen.

Jeder kennt die nordischen Schneeschuhe für Wanderungen im flachen Pulverschnee. Die Schneeschuhe dienen nur dazu, nicht zu tief einzusinken – das war’s. Dieser Typ Schneeschuhe besteht klassischerweise aus einer dicken Weidenrute, zum Oval gebogen und mit Leder bespannt. Neuere Modelle sind aus einem Aluminiumrahmen. Mit diesen Schuhen kommt ihr hier nicht weit. Viel zu rutschig im steilen Gelände.

Für die Steigungen und den teils verharschten Schnee müssen die Schneeschuhe drei wesentliche Merkmale aufweisen:

  • Eine stabile und möglichst verwindungsfeste Kunststoffschale, die auch noch Halt bietet, wenn ihr mal einen Hang queren wollt.
  • Eine feste Bindung, die ein Abknicken verhindert, mit klappbarer Steighilfe für steilere Anstiege.
  • Stabile Krallen an der Unterseite, erstens direkt an der Bindung, um mit dem Fuß fest in Eis und Schnee greifen zu können, zweitens an der Kunststoffschale, um auch bei Eis nicht abzurutschen. Hierfür eignen sich neben Krallen auch Spikes.

Geeignete Schneeschuhe für unsere Berge sollten nicht zu groß sein, um sie auch im unebenen Gelände noch einigermaßen gerade aufsetzen zu können und nicht zu viel Kraft aufwenden zu müssen. Für Männer empfehle ich 60 bis 65 cm Länge (bei mehr als 100 kg Körpergewicht auch mal 70 cm), für Frauen entsprechend 55 bis 65 cm.

Marke oder No-Name?

Die bekanntesten (und teuersten) Schneeschuhe dieses Typs werden unter dem Markennamen „Tubbs“ verkauft. Daneben gibt es einige günstigere Alternativen, die ich zum Teil ausprobiert habe – Markenprodukte und No-Name-Angebote.

Die No-Name-Angebote, die ich hier liegen habe, werden wohl auch in Zukunft liegen bleiben. In nassem Schnee vereisen die beweglichen Teile zu schnell, im harten Schnee verbiegen sich die Schalen zu stark, auf Eis bieten sie keinen Halt.

Die wirklich empfehlenswerten Alternativen sind also leider dünn gesät:

  • Meine Lieblingsschneeschuhe sind von Salewa und wurden identisch auch unter dem Markennamen „Grouse Creek“ verkauft. Leider finde ich sie nicht mehr bei den etablierten Händlern und kann deshalb auch nicht darauf verlinken. Werden anscheinend nicht mehr produziert. Gebraucht findet man sie aber immer wieder mal auf ebay.
  • Eine super Alternative sind die TSL 438 Up&Down*. Wie der Name schon andeutet, sind sie perfekt für steileres Gelände geeignet. Außerdem sind sie nahezu identisch zu meine Lieblings-Salewas. Ich habe sie selbst zwar noch nicht an den Füßen gehabt, würde sie aber sofort gegen meine alten Salewas eintauschen
  • Die TSL Symbioz* gehen ebenfalls sehr in die Richtung der Salewa, sind aber deutlich flexibler. Das bedeutet, dass sie für sehr weichen, tiefen Schnee in Kombination mit schwerem Wanderer (> 85 kg) nach meiner Einschätzung weniger geeignet sind, dafür auf festem Untergrund eine umso bessere Figur machen. Außerdem ist das Gehen mit den TSL Symbioz kraftsparender als mit den steifen Hartschalen. Für sportliche Frauen sicher eine gute Wahl.
  • Alpidex hat sich als junger Hersteller in den letzten Jahren ein guten Namen im Kletterbereich erarbeitet. Fast meine komplette Kletterausrüstung ist mittlerweile von Alpidex. Deshalb lag es nahe, dass ich auch den Alpidex-Schneeschuhen* eine Chance geben wollte. Und die Überraschung war groß, als ich feststellen durfte, dass sie optisch nicht von den doppelt so teuren Tubbs zu unterscheiden sind.
    Deshalb sind die Alpidex auch meine aktuelle Top-Empfehlung.
    Alpidex bietet mittlerweile verschiedene Schneeschuhe, von denen ich aber nur die Hartschalen-Ausführungen für das steilere Gelände empfehlen kann.
  • Ganz neu und ein echter Preistipp sind die MSR Revo Explore*. Super leicht, steif, klasse Halt und perfekt fürs alpine Gelände. Allerdings empfehle ich sie nur für Könner, da man mit den weit außen angebrachten Krallen erst mal umgehen können muss.
  • Dann bleiben natürlich noch die Originale von Tubbs*, die über jeden Zweifel erhaben sind – zumindest in der Qualität und Eignung für alpinen Wintersport. Kosten zwar etwas mehr, dafür sind sie absolut zuverlässig und werden euch viele Jahre über den Schnee tragen. Alle Tubbs-Schneeschuhe der Modellinie Flex sind geeignet.
* * * * *

Jetzt noch ein paar passende Ski- oder Wanderstöcke dazu und ihr könnt losstapfen. Eigentlich würde ich zu den Stöcken gar nicht viel sagen, hätte ich nicht die letzten Wochen einige schlechte Erfahrungen gemacht. Da sind zum Beispiel die Schneeteller meiner super-teuren Leki-Stöcke gebrochen. Bei den Billig-NoName-Stöcken haben sie länger gehalten. Dafür ist mir bei den Billig-Stöcken laufend die Handschlaufe aus dem Griff gerutscht, was auch richtig lästig war.

Also hierzu kann ich leider noch keine Empfehlung abgeben. Ob Teleskop oder Fix obliegt den eigenen Vorlieben. Shock-Absorber sind im Winter nicht nötig, besonders stabile Verbindungen der Teleskopstangen auch nicht. Wichtig ist ein guter Schneeteller und ein angenehmer Griff. All das haben die Aldi-Stöcke genauso wie die teuren Marken. Und die Walking-Stöcke mit kleinem Teller reichen fürs erste auch.

Noch ein paar Worte zur Technik

Nein – ihr müsst nicht erst einen Schneeschuh-Wanderkurs machen! Wer im Sommer routiniert in den Bergen unterwegs ist, kann’s auch mit Schneeschuhen im Winter. Dass ihr etwas breitbeiniger gehen müsst, merkt ihr schnell selbst – auch ohne Trainer. Trotzdem gibt’s ein paar Dinge, die ihr beachten solltet:

  1. Schuhe und Bindung: Die Bindungen der Schneeschuhe zurren eure Füße nicht so fest wie Ski- oder Snowboardbindungen. Ist auch gar nicht nötig, da die Querbelastung nicht ins Gewicht fällt. Wichtig: Feste, hohe Schuhe, am besten Bergstiefel oder gute Schneestiefen à la Kamik. Zieht die Bindung nur so fest, dass die Schuhe stabil auf der Grundplatte fixiert sind. Die Bindung sollte nicht drücken oder die Bewegungsfreiheit in den Schuhen einschränken.
  2. Die richtige Einstellung der Bindung: Jeder geeignete Schneeschuh bietet drei Bindungseinstellungen.
    Wenn die Bindung auch an der Ferse fest an der Kunststoffschale fixiert ist, schränkt das die Bewegungsfreiheit des Fußes extrem ein. Diese Einstellung ist nur für steile Abstiege oder Querungen in extremer Hanglage zu empfehlen.
    Besser bei normalem Gehen: Ferse frei! Damit könnt ihr euren Fuß genauso abrollen wie beim normalen Wandern. Der Schneeschuh bleibt dabei gerade auf dem Schnee liegen und wird mit dem Toe beim Vorwärtsgehen über den Schnee gezogen und nur vorne angehoben.
    Für Anstiege solltet ihr die Steighilfe hochklappen. Damit wird beim Steigen die Ferse unterstützt. Der Fuß knickt nicht nach hinten ab, während der Schneeschuh plan auf dem Hang anliegen kann.
  3. Die Schrittfrequenz: Schneeschuhwandern ist deutlich anstrengender als normales Gehen. Außerdem hat euer Körper weniger Halt auf dem Boden. Deshalb sollte jeder Schritt sehr bewusst getan werden: Kurzer Schritt nach vorne, aufsetzen, mit Druck belasten. Der Bewegungsablauf ist also weniger fließend als beim normalen gehen, da bei jedem Schritt der Schneeschuh bewusst in den Schnee gedrückt werden sollte. Die Verlagerung des Schwerpunkts vom hinteren auf das vordere Bein ist also kraftvoller und rhythmischer.

Mit diesen drei Tipps solltet ihr schnell euren eigenen Rhythmus und Routine finden. Aber nehmt euch für den ersten Tag nicht zu viel vor. Schneeschuhwandern ist noch etwas anstrengender als Joggen. Das solltet ihr bei der Touren-Auswahl berücksichtigen.

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