Steindach renovieren – so könnt ihr das originale Dach eures Rustico erhalten

Wenn ihr meine vorherigen Beiträge zur Renovierung eines Rustico gelesen habt, wisst ihr, dass ein Steindach immer eine aufwendige Angelegenheit bleiben wird. Denn das Dach muss regelmäßig in Augenschein genommen, gepflegt und gewartet werden. Wenn euch das nicht abschreckt, kann es aber durchaus komfortabel und gemütlich werden.

Das wichtigste bei einem Dach ist natürlich, dass es dicht ist. So auch beim originalen Steindach. Je nach Risikofreude kommt aber noch ein zweites Kriterium hinzu: Der alte Dachstuhl sollte so stabil sein, dass euch nicht irgendwann einige Tonnen Granit auf den Kopf fallen.

Diese Sorge überkommt jeden Rusticobesitzer irgendwann: Das Dach könnte einstürzen und alles Lebendige unter sich begraben. Ob diese Angst wirklich begründet ist oder nicht, hängt natürlich vom Zustand des Daches ab … und wirklich beurteilen kann ich das trotz vieler Erfahrungen mit alten Rustici bis heute nicht. Aber ein bisschen kann ich euch beruhigen:

Ihr habt Zeit, euch in Sicherheit zu bringen!

Ich habe einige Dächer einstürzen sehen. Und dieser Prozess war nie ein „Rumms … kaputt“. Das hat sich in allen Fällen wie in Zeitlupe abgespielt. In den meisten Fällen über viele Jahre, nur selten innerhalb weniger Monate.
Da bemerkt man zuerst eine Delle. Oder auch nur ein paar Lücken zwischen den Steinplatten auf dem Dach, die sich deshalb ergeben, weil einer der Stämme in der Dachstuhl-Konstruktion immer morscher wird und deshalb etwas nachgibt. In dieser Situation kann man noch einiges reparieren und retten.

Über die nächsten Monate oder eher Jahre kann man dann beobachten, wie die Delle oder Lücke immer größer wird. Kontinuierlich und unauffällig oder auch mal sprungweise und damit offensichtlicher. Irgendwann fallen die ersten Steinplatten ins Haus, das erste Loch tut sich auf.

Und so geht der Verfall ganz langsam weiter. Es dauert in der Regel viele Jahre, bis die Schäden im Gebälk überhaupt ein erstes Mal sichtbar werden. Und einige Jahrzehnte, bis das Dach dann tatsächlich ganz eingefallen ist.
Ich will nicht verheimlichen, dass das auch mal schneller gehen kann. Ich habe auch Dächer gesehen, die lange Zeit mit einem kleinen Loch oder nur einer Delle unverändert aussahen und dann in einem einzigen Winter unter der Schneelast eingebrochen sind. Aber auch dann hat dies einige Wochen gedauert und war meistens vorher abzusehen.

So sieht das dann in der Praxis aus

An diesem Dach sieht man schon, wie sich in der Dachmitte eine breite Delle bildet. Leider ist die Delle im Durchmesser so groß, dass hier wohl nichts mehr zu retten ist.
Hier seht ihr rechts der Dachmitte ein paar unscheinbare Lücken zwischen den Steinplatten. An dieser Stelle rinnt seit vielen Jahren Wasser ins Haus und schädigt das Holz unterm Dach.

Beim Dach auf dem ersten Foto hätte ich keine Hoffnung mehr, dass das noch repariert werden könnte. Wenn die Delle einen so großen Durchmesser hat, zeigt dass, dass schon zu viel Holz am Dachstuhl beschädigt ist.

Das zweite Foto habe ich vor 20 Jahren gemacht. Damals wusste ich noch nicht, dass diese Unregelmäßigkeit im Dach ein erstes und deutliches Alarmsignal ist. Die Steinplatten haben sich so gesenkt, dass bei stärkerem Regen das Wasser ins Haus geleitet wurde. Und es wurde immer mehr.
Zwar konnten wir es dann reparieren, indem wir die Platten neu gerichtet haben, aber ganz dicht wurde es nie mehr. Bei Regen in Verbindung mit starkem Ostwind drückt es nach wie vor das Wasser ins Haus. Mit einem Stück Folie ist es nun aber dicht.

Der erste Schritt: Schaut euch das Dach genau an

Deshalb sollte das immer die erste Aktion sein, wenn ihr ein Rustico mit altem Steindach gekauft habt: das Dach genau untersuchen! Dabei geht ihr so vor:

  1. Schaut euch das Dach von außen genau an. Wo sind Unregelmäßigkeiten (Dellen, Lücken, herausstehende oder verrutschte Steinplatten etc.) oder auffällige Stellen?
  2. Sucht den Innenraum nach Feuchtigkeit ab. Die Holzböden im Innern zeigen auch bei trockenem Wetter, wo Wasser durchs Dach kommt. Das sicherste Anzeichen sind kleine Häufchen Sägemehl. Wo die verstärkt auftreten, halten sich Holzwürmer im Gebälk oder den Brettern. Und die mögen kein allzu trockenes Holz. Wenn ihr Sägemehlnester findet ist entweder das Brett, auf dem das Holzmehl liegt oder (VIEL wahrscheinlicher) die Holzkonstruktion darüber regelmäßiger Feuchtigkeit ausgesetzt.
  3. Als letztes geht’s direkt unters Dach, denn jetzt könnt ihr die Stämme und Balken der Dachkonstruktion genauer unter die Lupe nehmen. Hier müsst ihr aber mit einem Schraubenzieher oder anderem spitzen Gegenstand ran (Ja, die Nagelfeile tut’s auch). Denn in alten Wohnhäusern hat sich in früheren Jahren immer so viel Qualm unter der Decke gesammelt, dass die Balken regelrecht geräuchert wurden. Und geräuchertes Holz ist haltbarer. Drum sehen solche Balken oft von außen gut aus, wenn ihr aber drauf drückt, gibt die oberste Holzschicht nach, weil der Balken weiter innen bereits verfault ist. Das spürt man sofort, wenn man einen Schraubenzieher ansetzt.

Danach wisst ihr, wo das Dach undicht oder beschädigt ist und könnt abschätzen ob sich ein Erhalt rentiert. Einen Versuch ist es in vielen Fällen wert.

Der zweite Schritt: Platten richten, dicht machen

Das hört sich jetzt leichter an, als es ist. Früher gab es spezialisierte Handwerker, die sind aufs Dach geklettert, haben an ein paar Platten gerüttelt und danach war das Dach wieder für die nächsten Jahre dicht. Zuverlässig!
Aber der letzte in unserer Region, der das noch konnte und praktizierte, ist leider vor mehr als 15 Jahren verschwunden. War auf einmal nicht mehr da. Nur sein Auto wurde noch in einem abgelegenen Waldweg gefunden.

Also musste ich die Sache selbst in die Hand nehmen. Mit Erfolg? Tja, nunja … das Dach ist weitgehend dicht, aber hin und wieder drückt der Wind doch etwas Feuchtigkeit rein. Macht nicht viel, weil man ja das Wasser wieder nach außen leiten kann und es auch schnell wieder trocknet. Aber perfekt ist anders. Ich kann mir aber auch beim besten Willen nicht vorstellen, wie so ein Dach aussehen müsste, damit es wirklich absolut dicht ist. Ich denke mal, das bisschen Feuchtigkeit gehört dazu.

Ich kenne zwar auch einen Do-it-yourself-Experten, der versucht hat, die Steinplatten abzunehmen und beim erneuten Eindecken so schräg zu stellen, dass der Wind keine Chance mehr hat, das Wasser nach oben und unters Dach zu drücken. Resultat: runtergerutscht, weil zu steil – auch nicht wirklich perfekt.

Also rauf aufs Dach!

Erste Dachinspektion und -wartung

So sieht das dann aus. Heute ziehe ich für solche Tätigkeiten übrigens feste Schuhe an. Damals war ich noch 20 Jahre jünger und nicht unbedingt immer vernünftig …

Jetzt fragt ihr euch natürlich, wie das denn genau funktioniert, dass die Platten wieder richtig liegen und das Wasser schön abläuft. Aber das ist leider die einzige Sache, für die ich euch keine detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitung geben kann. Entweder, ihr habt ein Auge dafür oder ihr müsst euch eben vortasten … so wie ich es gemacht habe:

Wenn ihr wisst, wo das Wasser ins Haus läuft, schaut ihr euch die Stellen von außen an. Einmal, nochmal, dann die nächste Stelle, wieder zurück zur ersten, immer wieder … irgendwann fällt auch an einer besonders undichten Stelle etwas auf. Ein Stein, der sich so verschoben hat, dass er jetzt zur Dachinnenseite hin geneigt ist. Oder eine Lücke zwischen den Steinplatten. Auch mal ein verrutschter Stein, der ein Loch freigibt, das auch von den darüber oder darunter liegenden Platten nicht abgedeckt wird. Wenn ihr mit offenen Augen viel Zeit auf dem Dach verbringt, erschließen sich euch die Geheimnisse dieser Steindächer.

Manche der historischen Dachdecker haben sehr sauber und logisch gearbeitet. Solche Dächer versteht man schnell und kann auch umgehend selbst was dran machen. Meistens wurden die Steinplatten aber nicht unbedingt systematisch verlegt, was die Pflege deutlich erschwert.

Geht behutsam vor und nehmt euch Zeit! So ein Dach hat oft schon viele hundert Jahre hinter sich und wird mit etwas Pflege auch nochmal so lange halten. Es ist nicht schlimm, wenn mal ein paar Tropfen durchkommen. Das Kastanienholz der Dachkonstruktion hält viel aus, auch gelegentliche Feuchtigkeit. Ihr müsst nur drauf achten, dass keine Steinplatten so liegen, dass das Wasser regelrecht nach innen laufen kann. Und Löcher sind natürlich auch zu vermeiden. Viel falsch machen könnt ihr da nicht. Im äußersten Fall muss dann eben doch ein neues Dach drauf. Aber vielleicht könnt ihr das alte Steindach ja noch einige Zeit genießen.

Dicht ist das Dach deshalb noch lange nicht

Die Naturstein-gedeckten Dächer haben einen entscheidenden Nachteil: Durch die Ritzen zwischen den Steinen kommen immer alle möglichen Schädlinge, auch Mäuse oder Siebenschläfer, durch. Und dagegen könnt ihr auch nicht wirklich viel unternehmen. Ich kenne zwar Fälle, wo versucht wurde, die Ritzen mittels Zementputz oder gar Bauschaum von innen (und sogar von außen) abzudichten. Dies hatte aber immer nur die Folge, dass durch den Kapillareffekt der feinen Spalten noch deutlich mehr Feuchtigkeit unters Dach gezogen wurde – und die Schädlinge finden trotzdem ihren Weg. Vor allem Bauschaum ist bei Siebenschläfern besonders beliebt, um sich Höhlen und Nester rein- oder einen Tunnel durchzugraben.

Die perfekte (Not-)Lösung ist eine geeignete Innenverkleidung

Trotzdem müsst ihr euer Zuhause nicht unbedingt mit Mäusen und Siebenschläfern teilen. Das wäre auch tatsächlich unzumutbar. Ich hatte mal über mehrere Wochen eine ganze Siebenschläferfamilie im Haus – Danach könnt ihr das gesamte Inventar austauschen. Auch Elektrogeräte oder Motorsäge … die Viecher fressen alles an, jedes Kabel, jeden Kunststoff, jedes Möbelstück …

Die Lösung ist sozusagen ein Dach unterm Dach, also eine zusätzliche Schicht unter dem Steindach, die
– den Innenraum dicht macht,
– keine Feuchtigkeit durchlässt,
– von außen eindringendes Wasser auch wieder zuverlässig nach außen ableitet,
– schädlingsresistent ist,
– eine laufende Beurteilung des Dachstuhls zulässt,
– isoliert und Kondenswasser verhindert
– und idealerweise auch noch gut aussieht.

Wenn ihr die Anforderungsliste lest, merkt ihr schon, dass ihr bei so einer Innenverkleidung deutlich mehr falsch machen könnt als bei den Versuchen, das Dach von außen dicht zu bekommen. Es ist machbar, kann auch wie in unserem Fall Jahrzehnte halten, wird dabei aber immer eine Notlösung bleiben, die niemals an ein neues, modernes Dech herankommt. Ich würde mich trotzdem immer wieder dafür entscheiden, das originale alte Steindach zu erhalten.

Wie das dann genau funktioniert, erkläre ich in einem der nächsten Beiträge.

7 Kommentare

  • Harald Heyen

    hallo Christian,

    seit letzter Woche bin ich nun nach langer vorbereitungszeit Eigentümer eines rusticus in Durone geworden. auf der Suche nach Informationen für ein unterdach unter einem alten steindach bin ich auf deine Website gestossen und sehr an deinem Wissen interessiert.

    Die perfekte (Not-)Lösung ist eine geeignete Innenverkleidung hast du geschrieben, aber ich kann den Block hierzu nicht finden, den du angekündigt hast. gibt es ihn oder bin ich nur zu blöd ihn zu finden?

    mittlerweile bin ich wieder zurück im Allgäu in Wangen und überlege die nächsten Schritte und denke, dass du glaube ich gute Erfahrungen gesammelt hast, die ich gerne kennenlernen will.

    als Bauerfahrener und Ingenieur habe ich so meine Ideen wie ich die Aufgabe lösen könnte und will mich gerne mit dir, dem erfahrenen Praktiker,austauschen und hoffe, dass du dazu bereit bist. bist du?

    Harald

    • Christian

      Hallo Harald, den Blogbeitrag kannst du auch nicht finden, den gibt’s nämlich immer noch nicht. Das hat mehrere Gründe, vor allem liegt es aber daran, dass ich momentan mehr praktisch am Haus arbeite und nicht die Zeit für den Blog finde. Vielleicht kann ich das ja nachholen, wenn jetzt dann doch noch der Schnee kommt … Dann ist Büro-Zeit.
      Viele Grüße
      Christian

  • Martin

    Hallo Christian, danke für den interessanten Beitrag. Ich befasse mich auch mit dem Dämmen eines gut erhaltenen Steindaches. Um die Schadensgefahr durch Siebenschläfer zu minimieren, könnte man ein entsprechend starkes Drahtmaschengitter (=2 mm Drahtstärke) unter den Steinplatten zwischen den Sparren befestigen und erst danach die Zwischensparrenfolie (natürlich mit 4cm Abstand für die Hinterlüftung. Was denkst du dazu?

    • Christian

      Hallo Martin,
      Ja, so ähnlich habe ich das auch schon gemacht, mit 8 mm Maschenweite. Hat jetzt 15 Jahre funktioniert.
      Wichtig ist auch, welches Dämmmaterial du verwendest. Und das einzige, das nach meiner Erfahrung resistent gegen Siebenschläfer ist, ist Steinwolle. Alles andere, vor allem Styropor und Styrodur aber auch Glaswolle, wird schnell zerlegt.
      Viele Grüße
      Christian

  • Pascal

    Vielen Dank für den tollen Beitrag. Ich selbst habe mir vor 2,5 Jahren ein Rustico im Piemont gekauft. Das Wohnhaus hat ein neues Dach, der alte Teil des Hauses (den man sieht wenn man auf das Haus zuläuft) ein altes Steindach, das noch dicht ist. Irgendwann möchte ich den Teil ausbauen und nach Möglichkeit das alte Dach behalten. Ich bin sehr gespannt auf den Beitrag mit der Innenverkleidung!

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